Den entscheidenden Moment einfangen mit SONY A1 II oder A9 III

Die perfekten Autofokus-Einstellungen für die Tier- und Vogelfotografie

Einleitung: Der Frust des verpassten Augenblicks

Stundenlanges, geduldiges Warten im Tarnzelt. Die Luft flirrt in der Morgensonne. Plötzlich landet er wie ein blau-oranger Edelstein auf dem Ast vor dir: der wunderschöne Eisvogel. Du hebst die Kamera, fokussierst, und genau in dem Moment, in dem er mit explosionsartiger Kraft vom Ast abspringt, drückst du den Auslöser durch. Später am Computer kommt die Ernüchterung: Der Vogel ist nur ein unscharfer Fleck, der Autofokus hat stattdessen den Ast perfekt scharfgestellt. Der entscheidende Moment ist für immer verloren.

Eisvogel (Alcedo atthis) aus der Schweiz

Kommt dir sowas vielleicht bekannt vor?

Moderne SONY Alpha Kameras wie die A1 II und A9 III sind mit unglaublich leistungsstarken und komplexen Autofokus-Systemen ausgestattet. Die gute Nachricht ist: Du musst kein Ingenieur sein, um sie zu beherrschen. Die Beherrschung von nur wenigen Schlüsseleinstellungen kann den Unterschied zwischen Ausschuss und dem Foto deines Lebens ausmachen. Dieser Beitrag zeigt dir ganz genau, welche Einstellungen das sind. Was aber eigentlich auch sofort klar werden dürfte nach einem genauen Blick ins Kameramenü ist: Es gibt keine allgemein gültigen Standard, ein immer perfekt passendes Parameter-Set der Autofokuseinstellungen. Das ist reines Wunschdenken, hat aber mit der Realität nichts zu tun. Erst die passende Kombination aus all den vielen Möglichkeiten, macht aus Kameras wie A1 II und A9 III eben die Spitzenkameras wie sie es sind. Ob Sie’s auch in deinen Händen werden, hängt einzig von dir und deiner Bereitschaft ab dich mit diesen Themen aktiv auseinanderzusetzen ;-)

1. Das Fundament: Sagen deiner Kamera genau, wonach sie suchen soll

Der erste und wichtigste Schritt ist, deinerKamera mitzuteilen, nach welcher Art von Motiv sie überhaupt suchen soll. Dafür ist die Funktion Erkennungsziel (Standbild/Film) entscheidend.

Diese Funktion weist die Kamera an, aktiv und vorrangig nach bestimmten Motivtypen zu suchen und diese zu identifizieren. Statt nur auf Kontraste zu reagieren, versteht die Kamera, dass sie beispielsweise einen Vogel und nicht den Ast davor fokussieren soll.

Für die Tierfotografie sind folgende Optionen entscheidend:

  • Tier/Vogel: Die vielseitigste Einstellung, wenn du sowohl Säugetiere als auch Vögel fotografieren und die Kamera entscheiden lassen willst. Tipp für Profis: Innerhalb der Tier/Vogel-Einstellung kann man sogar festlegen, ob die Kamera bei gemischten Motiven Tieren oder Vögeln den Vorzug geben soll - dazu rate ich dir aber aus Performancegründen ab, die Kamera arbeitet am besten wenn man möglichst exakt ist mit der Vorgabe.

  • Tier: Ideal, wenn du dich ausschließlich auf Säugetiere wie Füchse, Hirsche oder Bären konzentrieren.

  • Vogel: Die beste Wahl für die reine Vogelfotografie. Die Kamera ist hier speziell auf die Erkennung von Vögeln optimiert.

Zusätzlich kannst du unter Erkennungsteil festlegen, welchen Teil des Motivs die Kamera priorisieren soll. Hier gibt es die Optionen Auge, Auge/Kopf und Aug./Kopf/Körp. Für eindrucksvolle und packende Tierporträts ist die Schärfe auf dem Auge fast immer das Ziel. Eine Einstellung, die das Auge priorisiert, ist daher ein gewaltiger Vorteil. Basierend auf eigenen Test’s und praktischen Erfahrungen im Feld kann dir versichern, idealerweise lässt man diese Einstellung auf Auge oder maximal Auge/Kopf ansonsten sinkt die AF-Performance und das Auge wird mit erheblicher Verzögerung erkannt. Siehe nachfolgendes Video auf meinem Youtube Kanal:

Praxis-Tipp: Ein klassisches Szenario: Du willst ein Rotkehlchen fotografieren, das zwischen den Ästen eines Busches sitzt. Wenn du Erkennungsziel auf Vogel und Erkennungsteil auf Auge einstellst, wird die Kamera gezielt nach dem Auge des Vogels suchen und es scharfstellen, während sie die ablenkenden Äste im Vorder- und Hintergrund ignoriert. Das ist der Unterschied zwischen einem zufälligen Schnappschuss und einem gezielten Porträt.

2. Die Präzision: Das richtige Fokusfeld (Fokusfeld) wählen

Nachdem du der Kamera gesagt hast, was sie suchen soll, bestimmst du nun, wo sie suchen soll. Die Wahl des richtigen Fokusfeldes ist der zweite entscheidende Schritt.

Praxis-Tipp:Ein Fuchs bewegt sich durch hohes Gras auf dich zu. Starte mit der Einstellung Tracking: Spot M. Platziere das mittlere Spot-Feld auf dem Kopf des Fuchses und drücke den Auslöser halb durch (oder die AF-ON-Taste). Die Kamera "verriegelt" den Fokus auf dem Fuchs, und der grüne Rahmen verfolgt ihn nun automatisch über den gesamten Bildschirm, egal wohin er sich im Bildfeld bewegt. Du kannst dich nun voll auf die Komposition konzentrieren, während die Kamera die Schärfenachführung übernimmt.

3. Die Bewegung meistern: Anpassen der AF-Nachführempfindlichkeit

Dynamik ist das Herzstück der Tierfotografie. Tiere bewegen sich, oft unvorhersehbar, und selten auf freier Fläche. Die Anpassung der AF-Nachführempfindlichkeit ist der Schlüssel, um auch in diesen Situationen scharfe Bilder zu erhalten.

3.1. Umgang mit Hindernissen: AF-Stufe b. Überqu.

Diese Einstellung legt fest, wie "hartnäckig" der Autofokus am ursprünglich erfassten Motiv bleibt, wenn ein anderes Objekt – wie ein Grashalm, ein Ast oder ein anderer Vogel – das Bild kreuzt. Diese Einstellung ist der entscheidende Partner für das Tracking aus dem vorigen Kapitel. Während Tracking das Motiv im Bildfeld verfolgt, sorgt AF-Stufe b. Überqu. dafür, dass der Fokus nicht von Hindernissen wie den Grashalmen im Fuchs-Beispiel abgelenkt wird.

Die Skala reicht von 1(Verriegelt) bis 5(Reakt.fähig).

  • Vor- und Nachteile & Empfehlung: Für die Tierfotografie ist meist ein niedriger Wert wie 1(Verriegelt) oder 2 ideal. Dies verhindert, dass der Fokus vom Hauptmotiv abspringt, nur weil kurz ein Hindernis die Sichtlinie kreuzt. Eine hohe Einstellung wie 5(Reakt.fähig) ist nur dann sinnvoll, wenn du möchtest, dass die Kamera sofort auf das neue, nähere Objekt scharfstellt – in der Tierfotografie ist das selten erwünscht.

Praxis-Tipp: Du verfolgst einen Hirsch durch einen dichten Wald. Ständig bewegen sich Blätter und Zweige zwischen dir und dem Tier. Mit der Einstellung 1(Verriegelt) bleibt der Autofokus stabil auf dem Hirsch, auch wenn er kurzzeitig verdeckt wird. Der Fokus ignoriert die störenden Hindernisse einfach.

3.2. Reaktion auf Geschwindigkeitsänderungen: AF-Vrf b. GschwÄnd

Diese Einstellung passt an, wie schnell der Autofokus auf plötzliche Geschwindigkeitsänderungen des Motivs reagiert. Gerade bei Vögeln oder flüchtenden Tieren ist dies entscheidend.

Es gibt drei Optionen: Stabil, Standard und Reaktionsfähig.

  • Vor- und Nachteile & Empfehlung: Hier wählst du, wie nervös oder ruhig dein Autofokus sein soll. Reaktionsfähig ist die beste Wahl für unvorhersehbare Motive, insbesondere für Vögel im Flug ("Birds in Flight"), die abrupt die Richtung ändern oder beschleunigen. Der AF ist hier maximal agil, kann aber bei ruhigen Motiven "hibbelig" wirken. Stabil ist das genaue Gegenteil und perfekt für statische Motive wie sitzende Vögel oder ruhende Säugetiere. Der AF ist hier extrem ruhig, würde aber den Start eines Vogels verpassen. Standard ist der Allrounder für die meisten Situationen, aber eben auch nur “Standard” und daher in praktischer Sprache halt ein klarer fotografischer Kompromiss.

Praxis-Tipp: Ein Greifvogel sitzt auf einem Ast. Du rechnest damit, dass er jeden Moment abfliegt. Stelle den AF-Vrf b. GschwÄnd auf Reaktionsfähig. Sobald der Vogel abhebt, kann der Autofokus ohne Verzögerung auf die explosive Beschleunigung reagieren und die Schärfe während des gesamten Abflugs nachführen.

4. Fazit: Dein Weg zum perfekten Wildlifefoto

Der Autofokus moderner Kameras ist ein enorm mächtiges Werkzeug, aber er ist nur so gut wie die Anweisungen, die wir ihm geben. Statt sich im Menü-Dschungel zu verlieren, konzentriere dich bitte unbedingt auf diese drei Säulen für einen erfolgreichen Autofokus in der Tierfotografie:

  1. Motiverkennung (Erkennungsziel): Sag der Kamera GENAU, WAS sie suchen soll (Vogel, Tier).

  2. Fokusfeld (Fokusfeld): Wähle das richtige Werkzeug für die Situation (Präzision mit Spot, Bewegung mit Tracking).

  3. Nachführempfindlichkeit: Passe unbedingt an, wie der AF auf Hindernisse (AF-Stufe b. Überqu.) und Geschwindigkeitsänderungen (AF-Vrf b. GschwÄnd) reagieren soll.

Der letzte und wichtigste Ratschlag von mir aber ist, diese Einstellungen nicht nur theoretisch zu kennen, sondern sie aktiv draußen in der Praxis zu üben. Gehe damit in den Garten oder einen Park bzw. ein nahegelegenes Naturschutzgebiet, wo immer bisschen was los ist und fotografiere die Tiere/Vögel dort. Je vertrauter du mit diesen Einstellungen wirst, desto schneller kannst du auch im Feld reagieren und diese auch intuitiv richtig auf die Situation anpassen. Denn wenn der entscheidende Moment kommt, dann willst du fotografieren – und nicht aktiv über die Techniksettings nachdenken! Oder etwa doch? ;-)

Beste Grüsse und viel Spass & Erfolg beim üben
Marco

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Entschuldigungsschreiben an alle Betroffenen